Gute Zeiten, schlechte Zeiten

Von Gregor Geißmann


Wie geht es Ihnen in diesen Tagen? Die Geschäfte laufen gut, Ihre Kunden sorgen für angemessene Aufträge, die Mitarbeiter sind leistungsorientiert und zufrieden, die Kollegen zuvorkommend und hilfsbereit, die Familie freut sich über Ihre Ausgeglichenheit? Sie sind also, kurz gesagt, rundherum zufrieden. Dann freut es uns, mit diesem Buch ein wenig zu Ihrer Unterhaltung beitragen zu können.

Vielleicht läuft es aber auch gerade nicht so gut bei Ihnen. Möglicherweise häufen sich hier und da die Probleme, Sie fühlen sich den Ereignissen ein wenig hilflos ausgeliefert, oder es gibt gerade eben nur sehr wenig zu lachen. Ist es gar eine Krise? Oder nur eine Art Unruhe, Unzufriedenheit mit der Situation, fehlende Perspektiven, die Suche nach dem, was wirklich funktioniert, nach dem Hilfsmittel, mit dem Sie alles in den Griff bekommen?

Es gibt viele Wege, um irgendwann auf etwas zu stoßen, dass man Spiritualität nennt. Und oft sind diese Wege sogar ausgesprochen skurril, seltsame Zufälle sozusagen. Zugegeben, Spiritualität und Management ist keine sehr weit verbreitete Verbindung, da die scheinbaren Widersprüche zwischen diesen beiden »Disziplinen« augenfällig sind. Aber die Tatsache, dass Sie nun dieses Buch lesen, zeigt, dass es da offenbar eine Verbindung gibt.

Möglicherweise sind Sie schon viele Wege gegangen, um Ihren Berufsalltag einfacher, beherrschbarer und weniger stressreich zu machen. Es werden genügend Techniken, Methoden, Theorien, Seminare, Heilslehren und Glaubenssysteme angeboten, mit denen Sie die angesprochenen Ziele erreichen sollen und durchaus auch können. Wenn dann aus diesem Baukasten etwas nicht oder nicht mehr so richtig funktioniert, wenden Sie sich eben dem nächsten »Baustein« zu, dem nächsten Buch, dem nächste Seminar, dem nächsten Management-Guru – das Spiel verfügt über nahezu unendlich viele Variationen. Reichen etablierte Hilfsmittel nicht mehr aus, kann man sich ja noch bei den »Exoten« umschauen – der Psychomarkt und die Esoterikszene werden schon das Passende bieten.

Vielleicht sind Sie es aber auch einfach nur leid, auf das ewige Auf und Ab der guten Zeiten und der schlechten Zeiten mit immer neuen Mittelchen reagieren zu müssen. Vielleicht suchen Sie nach DEM Hilfsmittel, das alle Probleme löst und das ultimative Glück garantiert. Sollten Sie dies jetzt weit von sich weisen, halten Sie bitte kurz inne und stellen sich ernsthaft die Frage: »Suche ich nicht wirklich das ultimative Mittel, das mein Glück garantiert und alle Probleme löst?« Ich behaupte einfach mal, dass jedes Buch und jedes Seminar, das Sie zum großen Thema »Mehr Erfolg/Glück/Zufriedenheit durch ...« gelesen oder besucht haben, grundsätzlich dieser Motivation entspringt.

Die Hinwendung zur Spiritualität entspringt in der Regel ebenfalls dieser Motivation. Manchmal ist es auch das tiefe Bedürfnis, endlich den Sinn dieses ständigen Wandels zu ergründen, der tiefe innere Wunsch nach Stabilität, die Suche nach Antworten. Oder auch nur die Suche nach besseren Methoden zur Erreichung individueller Ziele.

Sie sind am Ziel. Denn die schönste Eigenschaft von Spiritualität ist die Tatsache, dass sie alle Ihre Fragen beantworten kann. Ihr Glück ist garantiert. Sie können nicht scheitern.

»Aha« werden Sie jetzt wahrscheinlich etwas skeptisch sagen. Oder Sie glauben tatsächlich, dass da etwas dran ist, aber dass vorher noch viel Zeit an harter Arbeit an sich selbst zu verrichten ist. Das liegt daran, dass Sie eine bestimmte Vorstellung von Spiritualität haben. Daran ist nichts verkehrt, aber gerade diese Vorstellungen und Meinungen sind es, die die »Ergebnisse« gelebter Spiritualität verhindern oder verwässern. Denn das Paradoxe ist, dass Spiritualität das vollkommen Offensichtliche zeigt und keinerlei Geheimnisse birgt, und gerade deshalb missverstanden wird. Mit dem Ergebnis, dass das Offensichtliche zum Geheimnis wird! Die Ergründung des »Geheimnisses« besteht nun darin zu (ver-)lernen, dass nichts geheim ist! Und das kann durchaus Zeit und Anstrengung kosten, schließlich haben wir uns alle Mühe gegeben, das Offensichtliche zu verschleiern.

Erwarten Sie bitte nicht das ultimative Konzept, die universelle Theorie, die endgültigen Antworten für den Verstand. Das würde an den Mann erinnern, der seinen verlorenen Schlüssel unter der Laterne sucht, weil es da so schön hell ist. Verloren hat er ihn aber im dunklen Hausflur. Alle Methoden, Theorien und Gedankengebäude können zwar wertvolle Hilfsmittel sein, aber sie weisen nur auf die »Richtung« hin, die für das (Ver-)Lernen gerade nützlich ist. Sie können niemals auf DAS zeigen, was offensichtlich und unverschleiert immer IST. Der Weg ist NICHT das Ziel, denn am Ziel sind Sie längst, Sie brauchen sich »nur noch« den Staub aus den Augen zu wischen.