Von Gregor Geißmann
Der Erfolg eines Unternehmens hängt von seinen erfolgreichen Mitarbeitern ab: von Ihnen. Der Weg nach »oben« zu einer besseren Vergütung, zu mehr Macht und Verantwortung, einer erstrebenswerten Perspektivgruppe oder zu anderen beruflichen Zielen macht Ihren Erfolg und den des Unternehmens aus. Aber – was ist Ihr Ziel? Was bedeutet eigentlich »Erfolg«? Gibt es Alternativen zu »mehr Geld, mehr Macht, mehr spannende Aufgaben«?
Jedes Erfolgsszenario betet den zukünftigen Erfolg an und geht davon aus, dass die jetzige Situation geändert werden muss. Es geht niemals um das, was gerade hier und jetzt geschieht. Die Vergangenheit wird zur Beurteilung der vermeintlichen gegenwärtigen Situation herangezogen und in die Zukunft projiziert. Und dabei wird das übersehen, was einzig und alleine existiert – das Hier und Jetzt. Im Prinzip leben wir damit ständig in einer nicht existierenden Vergangenheit aus Bildern und Erinnerungen, die wir mit Hilfe von Techniken und Methoden in eine »bessere«, ebenfalls nicht existierende Zukunft verwandeln wollen.
Kennen Sie Situationen, in denen Sie vom Fluss des Geschehens getragen werden, die Aufmerksamkeit ist glasklar, Ihr Handeln geschieht situationsgerecht aus einer inneren Quelle heraus ohne bewusste Steuerung und Kontrolle und das Ergebnis ist in diesem Augenblick genau »richtig«? Obwohl Sie eigentlich »nichts tun«? Meistens geschieht dies in den sogenannten Krisensituationen, wenn alle Planungen versagt haben und kein Ausweg unmittelbar ersichtlich ist. Natürlich ist es durchaus sinnvoll, entsprechende Methoden und Techniken zu beherrschen, um mit den vielfältigen Situationen fertig zu werden. Aber wenn Sie an den Techniken kleben, werden Sie wenig Freude in Ihrem Beruf haben. Sie werden vielleicht der Experte für viele Techniken sein, aber niemals erfolgreicher Projektmanager oder -mitarbeiter.
Wie wirkt die Aussage auf Sie, dass bekannte Führungsmethoden nichts anderes sind als gedankliche Täuschungen in einem egozentrischen Überlebenskampf? Erfolg hat also immer etwas mit Zielsetzungen und Methoden oder zumindest Handlungen zu tun, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Damit bekommt Erfolg den Stellenwert eines Bewertungskriteriums für den in Gegensätzen denkenden Verstand. Im modernen westlichen gesellschaftlichen Bewusstsein ist der erfolgreich, der Geld, Macht und Anerkennung hat. Aber wie groß muss die Menge an Geld sein, um erfolgreich genannt zu werden? Wie weit reicht die Macht eines erfolgreichen Menschen? Wie viele Lobeshymnen von wie vielen Menschen müssen gesungen werden, um als erfolgreich zu gelten? Erfolg wird damit relativ, denn es ist keine Größen- oder Mengenbestimmung konkret greifbar.
Damit wird das Streben nach Erfolg absurd. Das Wort selbst hat keinen allgemein gültigen Inhalt, es drückt nur die Assoziation »es muss mehr sein, mehr werden, anders sein« aus. Aber es sagt nicht aus, wie viel mehr notwendig und schon gar nicht, wann es genug ist. Hier wird allzu deutlich, dass das Wort »Erfolg« die Jagd nach einem Phantom umschreibt.
Gibt es möglicherweise im Gegensatz zum Streben nach relativem Erfolg eine verborgene oder zumindest nicht offensichtliche Konstante, eine Konstante, die alle Menschen gleich akzeptieren könnten? In der Tat, die gibt es!
Wenn man will, kann man Erfolg so beschreiben: die Suche nach beständiger Zufriedenheit ungeachtet der gegebenen Lebensbedingung. Anders ausgedrückt: Erfolgreich ist der, der ständig und bleibend zufrieden ist, ohne Bedingungen an äußere Lebensumstände stellen zu müssen.
Das bedeutet: Erfolgreich ist der, der frei von Zielen ist! Erfolg stellt sich ein, wenn alle Ziele vergessen sind, wenn Absichten verschwinden, wenn das Streben nach Erfolg aufhört! Erst die Beendigung der Suche nach Erfolg lässt Erfolg möglich werden. Sie wissen nicht, was Erfolg ist. Also geben Sie einfach das Streben nach einem Phantom auf!
Aber – schütten Sie das Kind nicht mit dem Bade aus. Wenn Sie nun den Drang verspüren, sich ruhig in die Ecke zu setzen, die Dinge auf sich zukommen zu lassen, nichts mehr tun und alle Ziele vergessen zu wollen, dann haben Sie nur eine neue Technik und Methode erfunden. Und diese wird nicht besser oder schlechter funktionieren als alle bisher verwendeten Techniken und Methoden. Also vergessen Sie jedes Erfolgsstreben, wenden Sie sich vertrauensvoll Ihrer bisher bewährten Praxis zu und lassen Sie hier und jetzt die gerade erforderlichen Tätigkeiten ohne jegliche Bewertung geschehen. Sie werden erfolgreich sein. Es bleibt Ihnen einfach keine andere Wahl!